Meine innere Schatzkiste

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Einleitende Gedanken

In der diesjährigen Blogparade lädt uns Silke Geissen ( https://silke-geissen.de/blogparade-persoenliche-schatzkiste-einladung/)ein, über die eigne innere Schatzkiste nachzudenken und zu schreiben.

Schon der Gedanke einer Blockparade fasziniert und motiviert mich. In der Blogparade gibt eine Person ein Thema vor und andere, so wie ich, klinken sich ein. Beim Thema Schatzkiste hat es gleich geklingelt. Ja, was treibt mich an? Was macht mir Mut? Was gibt mir Kraft? Welche Schätze habe ich im Laufe der Jahrzehnte gesammelt? Was ist mir wertvoll?

Sofort erinnere ich mich an Geschichten, die mir Mut gemacht und Kraft gegeben haben. Es entstehen Bilder in meinem Kopf. Und so sind Bilder eine erste Kraftquelle für mich.

Bilder

Das Wunder der Perle in Anlehnung an Sören Kahl

Ein Sandkorn verirrt sich in eine Muschel. Die Muschel wehrt sich gegen diesen Fremdkörper. Das Sandkorn verursacht Schmerzen. Es irritiert die Muschel. Es reibt sich an und in der Muschel.

Anfangs begleiten Wut und Trauer die Muschel während die Perle ins Leben wächst.

Nach einiger Zeit jedoch erträgt sie das Korn, ja, sie ummantelt es sogar mit Perlmutt. Das Sandkorn wird ein Teil von ihr.

Jahrelang liegt die Muschel am Meeresboden und ernährt sich von Plankton, während das Sandkorn zu einem einzigartigen und wunderschönen Schatz der Natur in Abgeschiedenheit und im Dunklen heranwächst.

Ein mutmachendes Bild, wenn auch wissenschaftlich nicht astrein belegt.

Ein anderes Mutmachbild ist für mich:

Der faszinierende Wandel von der Raupe zum Schmetterling

Ein Ei wird auf einer Pflanze abgelegt, nach einigen Tage schlüpft eine Raupe. Die kleine Raupe Nimmersatt, ihr vornehmliches Ziel ist Fressen. Die Raupe wächst schnell, während des Wachstums häutet sie sich mehrmals. Schließlich spinnt sie einen Faden um sich herum. Ein schützender Kokon wird gebildet. In diesem verharrt sie einige Tage oder sogar Wochen. Während dieser Zeit entsteht im Verborgenen ein Schmetterling, der sich zum richtigen Zeitpunkt aus dem Kokon schlüpft. Er breitet seine nassen Flügel zum Trocknen aus und fliegt dann in seiner neuen Gestalt davon.

Das Wunder der Natur

Jedes Jahr neu stehe ich staunend vor dem Ergrünen der Bäume, dem Wachsen der Hecken, dem Blühen der Pflanzen.

Oftmals habe ich im Oktober mit dicker Jacke und klammen Fingern Blumenzwiebeln in die kalte Erde gesteckt, um dann mit großer Freude ab Februar die Krokusse, Märzenbecher, Winterlinge, Schneeglöckchen, Tulpen und Narzissen zu begrüßen. Und diese Frühblüher sind erst der Anfang. Dabei kann ich mir manches Mal im Januar nicht vorstellen, dass es wieder bunter, grüner, heller wird.

Die Jahreszeiten

Jedes Jahr neu bin ich fasziniert vom Wechsel der Jahreszeiten. Mit großer Zuverlässigkeit treten die Veränderungen ein. Auch wenn der Klimawandel das Wetter ändert und unsere Erde sich wandelt, werden die Tage länger oder kürzer, verlieren die Bäume Blätter oder bekommen neue, gibt es eine Spargel-, Erdbeer-, Grünkohlzeit, folgt auf jede Nacht ein neuer Morgen.

In vielen Bildern, die mich ermutigen und trösten gibt es Zeiten, in denen es dunkel ist oder in denen etwas wächst. Zeiten, in denen Schmerzen ausgehalten werden müssen, etwas zum Erliegen kommt, noch nicht klar ist, was folgen wird. Zeiten des Wartens, des Abwartens. Doch am Ende geschieht etwas Neues. Das Sandkorn entwickelt sich zur Perle, die Raupe zum Schmetterling, Blumenzwiebel erblühen, nach jedem Winter erwacht die Natur neu und jede Nacht endet.

Schmerz und Freude, Kahlheit und Wachstum, Altes und Neues, Warten und Losgehen, Dunkelheit und Licht stehen in einer Wechselbeziehung. Es geht nicht gradlinig von dem Einen ins Andere. Nein, mein Leben spielt sich zwischen den Polen ab. Selten ist es komplett hell oder dunkel, es gibt viele Grautöne. Selten gibt es einen kompletten Stillstand. Denn auch im Stillstehen passiert etwas.

Die gespeicherten Bilder und Geschichten erinnern mich an den Wandel. Sie geben mir Hoffnung und trösten mich, wenn das Leben an mir zerrt und zieht.

In meiner Schatzkiste finden sich zudem viele Erinnerungen.

Erinnerungen

Manchmal werden die Erinnerungen in Bildern festgehalten. Dann lohnt es sich, ein Fotobuch zu erstellen, einen Stein, eine Muschel oder einen Gegenstand zu sammeln. Doch viel häufiger speichere ich Erinnerungen in mir drin. Ein gutes Gespräch lasse ich am Abend Revue passieren und verankere es in meinem Herzen. Genauso wie manchmal die Luft auf einem Spaziergang, der Duft, der mich umgibt, das Essen, das ich geschmeckt habe, Gefühle wie Dankbarkeit, Liebe, Zufriedenheit oder Glück. Ich versuche Worte, Bilder, Symbole für etwas Erlebtes zu finden und halte es dann fest. Manches verblasst nach einiger Zeit, anderes verschwindet komplett. Doch immer wieder wandern Kostbarkeiten in meine Schatzkiste. Ich kann sie herausholen, dabei lächeln oder traurig sein und gleichzeitig wissen, dass ich gelebt, viel Schönes geschenkt bekommen habe und mich gesegnet fühlen.

Alltagsrituale und Routinen

Zu den Schätzen, die mir niemand nehmen kann, gehören die Alltagsrituale. Und da besonders Rituale, die auch Bestand haben, wenn ich krank, schlapp, ausgelaugt und antriebsarm bin.

Morgens

Am Morgen begrüße ich den Tag, am liebsten stehend, doch es ist auch liegend mit geschlossenen Augen möglich. Manche Tage bekommen eine freundliche Begrüßung, andere eine aufgeregte und manchmal ist nur Kraft für ein müdes „Hallo“.

Ich mache mir bewusst, dass der Boden, auf dem ich stehe, trägt. Dass ich gehalten und geliebt bin, dass für Heute alles zum Leben Nötige da ist. Manchmal schleichen sich Zweifel ein und ich will mir selbst nicht glauben. Diese zweifelnden Gedanken schicke ich in mein „inneres Wartezimmer“. „Gleich seid ihr dran“, vertröste ich sie. Erst noch ein paar Atemzüge Ruhe und ein Gebet. Worte aus der Bibel ermutigen, kräftigen und fordern mich heraus. Dann ist Zeit und Energie, um Zweifel zuzulassen und die To-Do-Liste abzuarbeiten.

Tagsüber

An guten Tagen gelingt es mir, immer wieder Pausen einzulegen, die Wolken zu beobachten, mir ganz bewusst tiefe Atemzüge zu genehmigen, innezuhalten und bei mir anzukommen. Diese Momente kann ich beim Bezahlen meiner Lebensmittel, beim Autofahren, beim aus dem Fensterschauen ebenso einbauen wie in Gesprächspausen, am Schreibtisch oder im Bett liegend. Ich übe mich darin, solche Zeiten zu ritualisieren und in meine Schatzkiste zu packen, damit ich selbst im Alter darauf zurückgreifen kann.

Abends

Sooft endet der Tag und meine To-Do-Liste ist nicht abgearbeitet. Es fällt mir schwer, loszulassen und seinzulassen. Auch an glücklichen und unbeschwerten Tagen möchte ich manchmal nicht, dass der Tag zu Ende geht.

Ich nehme mir bewusst Zeit, um mir zu überlegen, was habe ich Heute gefühlt, was hat mich beschäftigt, wofür bin ich dankbar. Dabei kommen meine Gedanken zur Ruhe und ich lerne zu akzeptieren: „Dieser Tag ist Vergangenheit.“

Ich buddle weiter in meiner Schatzkiste und finde:  

Haltungen

Neugier

Sehr dankbar bin ich dafür, als neugieriger Mensch geboren zu sein. Ich möchte die Welt, zumindest meine Welt, verstehen. Ich möchte wissen, wie die Menschen, die mir begegnen ticken. Ich möchte wissen, wie ich selber ticke und warum mich manches triggert und anderes kalt lässt. Ich lese gerne, tauche ein in die Welt der Protagonistin, des Protagonisten. Ich liebe es Fragen zu stellen. Manchmal trete ich dabei ins Fettnäpfchen oder überschreite Grenzen. Trotzdem, Neugier gehört in meine Schatzkiste.

Offenheit

Bin ich ein offener Mensch? Was macht überhaupt Offenheit aus? Ich lese im Wörterbuch –

Offenheit ist:

1) die Eigenschaft, sich unbefangen und bereitwillig mit jemanden oder etwas auseinanderzusetzen

2) die Eigenschaft, vorbehaltlos ehrlich zu kommunizieren und zu agieren.

Ich möchte mich unbefangen und bereitwillig mit anderen Menschen auseinandersetzen.  Ich möchte ehrlich kommunizieren, frei von Vorurteilen sein, andere Meinungen akzeptieren und andere Lebensweisen respektieren.  Gleichzeitig merke ich, dass ich immer wieder an meine Grenzen stoße. Dass ich ganz unbewusste Vorurteile und Bewertungsmuster in mir trage, dass ich so gerne recht habe. Ups – da erwische ich mich bei Engstirnigkeit und Besserwisserei. Dennoch – Offenheit ist in der Schatzkiste. Ich arbeite daran. Wie eine Detektivin mache ich mich auf die Suche nach meinen verborgenen Vorurteilen und Intoleranzen. Ich will mich nicht verbiegen oder meine Werte und Überzeugungen aufgeben, aber ich will hören können, was andere anders denken, leben, fühlen.

Risikobereitschaft

Gelegentlich beginnt etwas Neues. Vertraute Türen schließen sich, dafür öffnen sich andere. Ich bin nach meiner Ausbildung für einige Monate nach England zum Sprache lernen gegangen, danach habe ich fast zwei Jahre als Krankenschwester in Südafrika gearbeitet.

Mein Mann und ich sind mit einem Zweijährigen und einem vier Monate alten Baby nach Südafrika aufgebrochen.

Ich habe mit 40 Jahren meine Fachhochschulreife gemacht und ein Studium begonnen und beendet.

Wir sind des Öfteren umgezogen und haben uns auf „neue“ Menschen eingelassen.

Mit zunehmendem Alter fällt es mir schwerer Risiken einzugehen, mich von Belastendem zu trennen und darauf zu vertrauen, dass gut für mich gesorgt ist. Doch verlieren möchte ich die Bereitschaft zum Risiko nicht.

Mein Glaube

Mein persönlich wichtigster Schatz ist mein Glaube. Es fällt mir schwer, dass so zuzugeben und öffentlich zu bekennen. Groß ist die Angst, in eine Schublade gesteckt zu werden.

Ich glaube, dass ich ein Gedanke Gottes bin, dass ER mir das Leben geschenkt hat, dass Gott mich wie eine Mutter hält und trägt und tröstet. Dass Gott weder an Geschlecht noch Zeit noch Ort gebunden ist. Dass es IHM/ IHR nicht egal ist wie es mir geht, was ich denke, wie ich lebe, was ich wünsche, was ich tue.

Glaube ist etwas sehr Komplexes und Persönliches. Ohne meinen Glauben wäre mein Leben nicht so bunt und reich und tragfähig. ER ist nicht ein Teil in meiner Schatzkiste, sondern er durchdringt alle anderen Schätze, ist allgegenwärtig, immer da. Manchmal wortlos, unbegreiflich, unsichtbar, so wie die Luft oder die Liebe. ER umhüllt mich, ist der Ursprung und das Ziel meines SEINs. Wie Goldstaub glitzert er in meinem Leben und schafft sich sogar Raum im Schmerz, in Fehlerhaftigkeit, im Versagen, im Ungenügend … Egal was ich leiste, was ich kann, was ich bin, was ich habe, wie ich aussehe – ich glaube, dass Gott mich liebt, immer bei mir ist und bleibt.

In meiner Schatzkiste ist noch Raum. Sie ist nicht fertig gepackt. Wie gut! Wäre doch schade, wenn das Packen der Schatzkiste abgeschlossen ist. Sie bleibt offen. Ich kann Dinge hineintun und herausnehmen, bewundern oder verwerfen. Was HEUTE gut und wichtig ist, was ich bis hierher erlebt habe, dass kann mir niemand mehr nehmen. Das ist meine Geschichte. Meine Ecken und Kanten, meine Narben und Verletzungen, ich lege sie mit hinein in die Schatzkiste, ich decke sie sorgsam zu und behandle sie mit Vorsicht und Zartheit, hülle sie in bunte Tücher. Ich bin glücklich mit meiner Schatzkiste. Ich schöpfe aus dem Vollen, was Glück betrifft genauso wie Traurigkeit, Schmerz und Verletzlichkeit.

Treasure Chest – Open Ancient Trunk With Glowing Magic Lights In The Dark

Darum verwende ich dieses Bild auch in meiner Tätigkeit als Freie Rednerin.

Die Bedeutung der Schatzkisten in der Freien Rede

Die Zeit der Zeremonie gehört für mich in die Schatzkiste. Wenn wir etwas feiern, zelebrieren, dann halten wir inne, dann nehmen wir uns die Zeit zurückzublicken und vorauszuschauen. Es sind bewusst gestaltet Zeiten, die sich abheben vom Alltäglichen. In vielen Fällen kennzeichnen sie einen neuen Lebensabschnitt. Die Freie Trauung, das Kinder- Willkommensfest und die Trauer- besser noch- Lebensfeier. Das sind sehr verändernde Situationen im Leben. Doch auch Geburtstagsfeiern oder Ehejubilare, der Eintritt ins Erwachsenenalter, die beendete Schulausbildung, der Beginn des Rentenalters, der Abschied von einem geliebten Haustier sind tiefe Einschnitte in der Lebensbiografie. Ich fände es toll, wenn wir viel häufiger innenhalten und dankbar zelebrieren würden, was wir erlebt, erlitten und gehabt haben.

In meinem Sein als Freie Rednerin mache ich mich auf die Suche nach den Schätzen im Leben derjenigen, für die ich eine Rede schreibe.

Beim Brautpaar frage ich: „Was sind eure Werte? Was hält euch zusammen? Was darf in eurer Beziehung auf gar keinen Fall fehlen? Woraus schöpft ihr Kraft? Wie gestaltet ihr eure Zweisamkeit?“

Beim Kinderwillkommensfest lasse ich mir von den Eltern die Entstehungsgeschichte des Kindes, seine Besonderheiten, seine Vorlieben und seine „Macken“ erzählen.

Beim Gespräch für die Lebensfeier eines verstorbenen Menschen nehme ich mir Zeit zum Hören auf die Lebensgeschichte. Nicht nur die letzten, oftmals schwierigen, Wochen sind wichtig, sondern auch das Schöne und Schwere in den Jahren davor. Gemeinsam mit den Trauernden schaue ich mir Fotos an, lasse mir Anekdoten erzählen und so kommt es oftmals neben den Tränen zur Freude, manchmal zum Lachen und zur Dankbarkeit.

Gerne biete ich Zeremonien für besondere Anlässe an.

Oma und/oder Opa, die Geburtstag feiern und schon alles haben, schenkt ihnen doch eine Rede. Lasst uns gemeinsam die Schätze aus dem Leben der Großeltern schon zu ihren Lebzeiten sammeln. Zelebriert Ehejubiläen! Oder jede Art von Veränderung, die kostbar und einzigartig ist.

2 Kommentare

  1. Liebe Regina,
    was für eine wunderschöne und reichhaltige Schatzkiste du da hast, ich bin sehr berührt!

    Die Begeisterung für die Vorgänge in der Natur kann ich komplett mit dir teilen, da bin ich auch immer wieder tief beeindruckt und sprachlos. Und ja, ich habe dabei auch das Gefühl, Teil eines sehr großen Ganzen zu sein.

    Die Geschichte von der Muschel und dem Sandkorn finde ich auch ganz wunderschön.

    Vielen Dank, dass du meiner Blogparade diesen wertvollen Artikel geschenkt hast, ich freue mich sehr.

    Ganz herzliche Grüße
    Silke

    1. Liebe Silke,

      du hast mich zum Nachdenken, Schreiben und Veröffentlichen motiviert.
      Dafür danke ich dir.
      Trotz Umzugsstress hast du Fragen beantwortet und mir geholfen.
      Das weiß ich sehr zu schätzen.
      Dir und mir und allen Leser*innen wünsche ich, dass wir unsere Schatzkisten immer wieder neu befüllen sowie „alte“ Schätze dankbar bewahren.

      Herzlichst
      Regina

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